Heinrich Heine
Das Fräulein stand am Meere
(August 1832)
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.
Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.
Der Titel dieses Gemäldes lautet wahlweise: „Frau vor der untergehenden Sonne“, „Sonnenuntergang“, „Sonnenaufgang“, „Frau in der Morgensonne“, „Morgenlicht“. Da hier kein Meer zu sehen ist, entscheide ich mich für die „Frau in der Morgensonne“. Denn nimmt man die fiktive Szene in Heines Gedicht und kombiniert sie mit Caspar David Friedrichs Szenario zu einer Art Liebes-Drama („Drama“ im kategorialen Sinn) in zwei Akten, so zeigt das Gemälde gewissermaßen den Morgen danach. Der Tröster vom Vorabend hat sich entweder schon davongemacht oder ist in die Rolle des Malers geschlüpft, um die Szene in Ermangelung eines Fotoapparats im Bild festzuhalten.